Samstag, 16. Oktober 2010

Kommentar zum Kommentar der PG-Satzung zum neuen Satzungsvorschlag für NRW (aka 'Reboot')

Ich habe heute den Kommentar der PG Satzung zum neuen Satzungsvorschlag in NRW gelesen. Und halte es für notwendig das nicht so unkommentiert stehen zu lassen.

Aus der Mail, die den Kommentar begleitet, möchte ich kurz zwei Aussagen herausgreifen:
Um es kurz zu machen: Wir halten die Rebootsatzung nicht für rechtssicherer als sie unsere jetzige Satzung ist.
Und es stellt sich heraus: Ihr habt recht. Die Rebootsatzung ist nicht rechtssicherer als die bisherige. Sie ist auch nicht besser als alle eure Vorschläge zusammen. Muss sie aber auch nicht sein. Keine Satzung ist rechtssicher. Rechtssicherheit entsteht (nur!) durch letztinstandliches Urteil im Einzelfall. Die Aussage ist also korrekt, aber unerheblich.

Weiterhin ersetzt die Rebootsatzung unser offenes System der Beteiligung mit einem Verwaltungsvorstand durch ein recht unreguliertes aber abgeschlossenes System, dass dem Vorstand jegliche Inititiative überlässt.
Wie offen euer jetziges offenes System ist habe ich bereits oft genug betrachtet (vgl. Crews in der Piratenpartei - Selbstverständnis NRW und Status der NRW-Crews), und halte es für so offen dass nicht nur Mißbrauch Tür und Tor geöffnet wird, sondern dass auch normale organisierte Arbeit, insbesondere die Verwaltung der Finanzmittel, einerseits übertrieben komplex und andererseits inhärent undemokratisch wird. Das angemahnte unregulierte aber abgeschlossene System gibt es bereits mehrfach - es sitzt vor eurer Nase und heißt Crew. Eine Crew die keine neuen Mitglieder zulässt (was nach aktueller Satzung allein Entscheidung der Crew ist, =abgeschlossen) kann über sein Geld nach eigenem Gutdünken entscheiden (=unreguliert), und ist keinem der Geldgeber rechenschaftspflichtig, und kein Nichtcrewmitglied kann auf die Crew Einfluss nehmen. Vor daher ist die Sorge durchaus ernstzunehmen. Es ist aber wohl der bestehenden kognitiven Dissonanz zu schulden dass die mögliche Verbesserung des Zustands als Verschlimmerung wahrgenommen wird.

Man muss die Rechtssicherheit also im Kontext sehen, und im Kontext ist die Neufassung der Satzung meilenweit besser als die aktuelle Fassung, die unter anderem dazu führte dass NRW z.B. mal keine Flyer bestellen konnte, weil das Geld zwar da - aber durch die Satzung blockiert wurde. Also wenn ihr weiterhin eine Satzung haben wollt die gegen euch arbeitet - go for it. Andernfalls habt ihr hier die Möglichkeit mal wirklich was zu ändern.




Soweit meine Meinung, nun zu den Kritikpunkten im Einzelnen:
§1 Abs 1: (..) modernen freiheitlichen Gesellschaftsordnung geprägt vom Geiste sozialer Gerechtigkeit (..) Anm: Buzzwordalarm
Das würde ich durchaus mittragen, aber aus einem ganz bestimmten Grund habe ich mit dieser Formulierung trotzdem kein Problem. Warum nicht? Weil sie wortgenau aus dem §1 Abs 1 der Bundessatzung stammt. Davon ab ist Buzzwordalarm keine Kritik, sondern nur responding to tone, also ziemlich tiefe Schublade in der Argumentationspyramide.

§1 Abs 3: Der Sitz der Piratenpartei Deutschland Landesverband Nordrhein-Westfalen ist Dortmund. Dort befndet sich auch die Landesgeschäftsstelle. Anm: Warum gerade Dortmund? Sinnvoll fnd ich Düsseldorf. Wenn wir mal Abgeordnete haben, werden die eine GS unterhalten. Essen im Moment der Gründung geschuldet. Warum sollten wir das vorschreiben?
Gültiger Punkt. Ob Dortmund, Düsseldorf oder Essen ist mir persönlich einerlei. Der Kritik werden auch keine Argumente beigebracht warum Düsseldorf nun besser geeignet sein sollte, von daher gehe ich davon aus dass es tatsächlich niemanden interessiert, und es sich aktuell nur um ein akademisches Argument handelt. Dass Abgeordnete jemals die Geschäftsstelle unterhalten halte ich eher für unwahrscheinlich, denn man muss zwischen Fraktion und Partei unterscheiden. (Die Begründung hierfür ist eine Hausaufgabe) Warum sollte der Sitz vorgeschrieben sein? Die Antwort steht in §6 Abs 2 Nr 1 PartG. Muss man einen Sitz der LGS vorschreiben? Nein. Macht es einen Unterschied? Wenn es noch keine gibt - nein. Wenn ihr keine Zeit hattet am Entwurf mitzuarbeiten, dann ändert es eben am nächsten LPT.

§2: Mitgliedschaft - Die Mitgliedschaft und der Erwerb der Mitgliedschaft wird durch die Bundessatzung geregelt.
§3: Rechte und Pfichten der Piraten - Die Rechte und Pfichten der Piraten des Landesverbandes werden durch die Bundessatzung geregelt. Anm: Beendigung der Mitgliedschaft fehlt.
Unter Erwerb der Mitgliedschaft versteht man den gesamten Vorlauf, also alles was bis zum Zeitpunkt des Mitgliedschaftserwerbs passiert, diesen inklusive. Unter Regelungen der Mitgliedschaft versteht man alles was nach diesem Zeitpunkt passiert. Die Regelung der Beendigung der Mitgliedschaft ist also ein Teil der Regeln der Mitgliedschaft und es gelten die einschlägigen Regeln der Bundessatzung. Gar nicht so schwer, oder? Davon ab ist die Beendigung in unserem Fall sowieso vorrangig in §10 Abs 2 Satz 3 PartG geregelt, kann zumindest nicht durch Satzung beschränkt werden.

§4 - Ordnungsmaßnahmen - Alle Ordnungsmaßnahmen der Bundessatzung gelten entsprechend auch auf Landesebene. Anm: Das bedeutet, jede Ordnungsmaßnahme muss vom BuVor ausgehen. Diese Auslegung ist sicher denkbar, übersieht aber das Wort entsprechend, das - so meine Ansicht - äquivalent zum Wort analog eben eine sinngemäße Fortschreibung fordert. Die teleologische Auslegung sollte hier also ergeben dass die Ordnungsmaßnahmen vom Landesvorstand ausgesprochen werden. [Alternativer Lösungsweg: Da der Bundesvorstand als solches ein Organ ausserhalb des Landesverbandes ist, der Landesverband nach Meinung der PG Satzung also einen Teil seiner inhärent erlangten Machtbefugnisse (die Aussprache von Ordnungsmaßnahmen) vollständig an ein vereinfremdes Organ abtreten will, würde man eine explizite Nennung des Organs und der Übertragung der erwarten. Da dies nicht geschieht kann eine Abtretung nicht gemeint sein. Da die §4 aber nicht ohne Sinn stehen kann (systematische Auslegung) muss eine entsprechende Anwendung mit dem Landesvorstand als handelndem Organ gemeint sein.] Alles in allem also: Kein Problem.

§5 - Gliederung - Der Landesverband Nordrhein-Westfalen der Piratenpartei Deutschland gliedert sich in Bezirks und Kreisverbände. Zusammenschlüsse von Verbänden gleicher Ebene sind erlaubt und heißen Regionalverbände. Anm: Warum gerade die (Anm Anthem: Bezirks und Kreisverbände)? Sie müssen auch geografsch zusammenliegen. Warum BzV und KVs? Weils im Satzungsvorschlag steht. Da die Piratenpartei Deutschland aktuell aber meines Wissens nach noch keinen Ortsverein hat, und wohl auch nicht bis zum übernächsten LPT NRW haben wird, wäre eine detailliertere Ausgestaltung irrelevant. Also wen das stört: Änderungsantrag. Bis dahin dürfte das inhaltlich eigentlich kein Problem darstellen, zumindest sagt ja auch der PG-Satzungs-Kommentar keine inhaltlichen Probleme voraus, sondern fragt lediglich wie die Auswahl zustande kam. Müssen Verbände geografisch zusammenliegen? Nach dem Vorschlag nein. Sollten sie? Möglicherweise. Möglicherweise nicht. Da aber ein Zusammenschluss nur zustande kommt wenn beide Verbände bzw. beide Mitgliederstämme dem zustimmen wird wohl auch in ferner Zukunft ein gemeinsamer Ortsverband Berlin-München eher unwahrscheinlich bleiben.

§6a Anm: Wieso wird jetzt mit §6a weiter gemacht und nicht mit §7? Weil §6 die Organe des Landesverbands regelt, und §6a der Landesparteitag und §6b der Landesvorstand behandelt, also eben Organe des Landesverbands. Man könnte natürlich auch §7 und §8 machen - aber hey - so ist das wenn andere Leute den Satzungsvorschlag machen, und man selbst nicht dabei ist. Andere Verbände, z.B. der Bezirksverband Oberpfalz hat ihre Satzung in Artikeln statt Paragraphen verfasst. Die Nomenklatur hat allerdings keine Konsequenzen, deshalb schnell weiter zu:

§6a Abs 2: (..) Der Vorstand lädt jedes Mitglied per E-Mail oder Brief mindestens 4 Wochen vorher ein. (..)Anm: Warum hier vorschreiben? Vielleicht machen wir bald DE-Mail, ePost, Jabber oder sonst was? Der juristisch korrekte, und wohl auch beabsichtigte Terminus wäre hier wohl Textform(§126b BGB) gewesen. Stünde in der Satzung allerdings Textform wäre der Kommentar wohl, ob man nicht auch in Gedichtform einladen könne. Aber auch DE-Mail und ePost dürften die Anforderungen des Paragraphen insofern ohne weitere Änderung erfüllen. Jabber wäre nur in Ausnahmefällen als Ladungsmöglichkeit zulässig, denn das Vereinsrecht spielt bei uns auch noch mit. Es muss also zusätzlich zur Formvorschrift der Satzung auch noch erfüllt sein dass das Mitglied mit Kommunikation über dieses Medium rechnen können muss (Jabber: Nein), und die Einladung auf den Weg zum Empfänger gebracht werden muss (Twitter-DM: Ja, Twitter-Tweet: Nein). Also: Stellt beim nächsten LPT einen Antrag es auf Textform nach §126b BGB umzuformulieren. (Wie es z.B. der LV Bayern in §9b Abs 2 Satz 3 getan hat) Aber auch dann braucht ihr immer noch einen definierten Übermittlungsweg, denn sonst weiß kein Mitglied auf welchem Kanal er mit offiziellen Mitteilungen zu rechnen hat. Ausgenommen Brief und E-Mail, denn dafür gibt es bereits Vereinsübung. Oh - das sind zufällig ja genau die Wege wie sie schon im Satzungsvorschlag stehen. Hmm, Vereinsrecht kann so einfach sein. Fazit: Non-Issue.

§6a Abs 2: (..) Spätestens 2 Wochen vor dem Parteitag sind die Tagesordnung in aktueller Fassung, die geplante Tagungsdauer und alle bis dahin dem Vorstand eingereichten Anträge im Wortlaut zu veröffentlichen. Anm: Welche [Anträge] gibt es denn noch? SÄA 3 W[ochen] PÄA 3 W[ochen] und? 2 Wochen halte ich für eine angemessene Vorbereitung auf einen LPT für zu gering.
Es gibt zum Beispiel sonstige Anträge, das sind alle Anträge die weder Satzung noch Programm betreffen. Beispielsweise ein Antrag auf Vorstandsneuwahlen. Zur Fristenregelung komme ich später noch, aber ja - es ist beabsichtigt dass 2 Wochen vor dem Parteitag alle (bis dahin eingereichten) Anträge veröffentlicht werden müssen, obwohl die Einreichungsfrist für Satzungs- und Programmanträge 3 Wochen beträgt.
Dass die Vorlaufzeit zu gering ist - ist eine persönliche Präferenz. Die man beim nächsten Mal ja durchaus ändern kann. Aber auch dass die 2 Wochen so kurz sind hat seinen Grund. Doch dazu gleich mehr im nächsten Abschnitt. Fazit soweit: Geschmacksverschiedenheiten.

§6a Abs 3: Über einen Antrag auf Satzungsänderung kann nur auf einem Landesparteitag abgestimmt werden, wenn er mindestens drei Wochen vor Beginn des Landesparteitages beim Landesvorstand eingegangen ist. Anm: Einladungsfrist sind 4 Wochen! Dann sollten wir den Mitgliedern schon klar sagen können was geht. Zum anderen fnde ich 3 Wochen zur Prüfung von SÄA nicht für praktikabel. Die Einladungsfrist ist 4 Wochen. Wenn die Einreichungsfrist gleich oder mehr als 4 Wochen beträgt, dann hat kein Pirat der durch die Einladung vom Parteitag erfährt eine Chance einen Antrag einzureichen. Wenn mit der aktuellen NRW-Satzung (6 Wochen) der Vorstand einen LPT in 5 Wochen beschließt, können keine Änträge dazu gestellt werden. Sicher dass das so eine gute Idee ist? Also, eine Frist von 3 Wochen erlaubt auch weniger aktiven Piraten Anträge einzureichen. Allerdings müssen alle Piraten von allen Anträgen zu einem bestimmten Zeitpunkt Bescheid wissen. (Genauer: die Möglichkeit zur Kenntnisnahme muss bestanden haben) Deshalb die Veröffentlichung aller Anträge und der endgültigen Tagesordnung spätestens 2 Wochen vor dem Parteitag. Die eine Woche dazwischen kann dann zur Ausarbeitung eines Antragsbuches, o.ä. genutzt werden. Reichen denn nun zwei Wochen? Ich hab alle(!) Satzungsänderungsanträge für Bingen binnen zwei Tagen durchgeackert, und bin natürlich der Meinung dass zwei Tage völlig reichen. Fragen können am Parteitag auch noch gestellt werden - und Anregungen brauchts nicht, die Anträge können sowieso nicht mehr geändert werden. Realistischer für normale Leute sind zwei Wochen. Muss jeder alle Anträge gelesen haben? Schön wärs, aber die Erfahrung zeigt dass das sowieso nicht passiert. Egal ob man 1, 2 oder 10 Wochen Vorlaufzeit einplant. Zwei Wochen sind jedenfalls 14 Abende in denen Anträge auf den Mailinglisten auseinandergenommen werden können, und 14 potentielle Termine für Vorbereitungstreffen. Anträge sollten idealerweise sowieso nicht 'plötzlich' von irgendwo auftauchen, sondern bereits vorher irgendwo publiziert sein. Und unbekannte Anträge, die auch auf Nachfrage nicht erklärt werden können, gilt es eben abzulehnen. Alles in allen: 2 Wochen zur Prüfung von Anträgen reichen bestens aus. Und 3 erst recht. Immer noch anderer Meinung? Dann auf dem nächsten LPT kurzfristig eine Änderung einbringen. Aber nicht das Zusammenspiel der Fristen übersehen. Es gibt noch eine weitere wichtige Verbindung, nämlich:

§6b Abs 12: (..) Der Antrag auf ein Misstrauensvotum muss mindestens 30 Tage vor dem Landesparteitag beim Landesvorstand eingegangen sein.(..) Was soll das? Einladungsfrist sind 28 Tage! Satzungsänderungsfrist 21 Tage! Nen blödes Misstrauensvotum 30 Tage? Vorstandswahlen können fairerweise (und tatsächlich) nur dann gemacht werden, wenn die Vorstandswahl auch auf der Einladung steht. Bei Parteitagen mit Wahlen kommt eine andere Schnittmenge der Basis als bei Parteitagen ohne Wahlen. Würde man diesen Antrag nach Versand der Einladungen einreichen können, würde man so die Wahlen beeinflussen. Deshalb muss die Antragsfrist hier mindestens um die Zeitspanne des Briefversands größer sein als die Einladungsfrist. In unserem Fall 2 Tage. Verständlich? (Oh, und: Der unbestimmte Artikel für Misstrauensvotum ist ein, kurz 'n', und nicht 'nen', kurz für 'einen' - regt mich immer wieder auf! Einen Votum? Gnade...)

Wieder zurück zur normalen Reihenfolge:
§6a Abs 3: Ist der Landesvorstand handlungsunfähig, kann ein außerordentlicher Landesparteitag einberufen werden. Dies geschieht schriftlich mit einer Frist von zwei Wochen unter Angabe der Tagesordnung und des Tagungsortes. (..) Anm: Warum dann innerhalb von 2 Wochen? Wieso jetzt keine Mail mehr? Kann einberufen werden? Frist zu was? Innerhalb von 2 Wochen ist eine verkürzte Einladungsfrist, die man im Falle des innerverbandlichen Ausnahmezustands durchaus machen kann. Die aktuelle Regelung in NRW fordert eine Frist von 4 Wochen, was bei einem handlungsunfähigen Vorstand eventuell ungewünscht ist. Zur Einladungsform: Damit habt ihr tatsächlich den ersten Problemfall gefunden. den ich auch als solchen bezeichnen würde. Hier gehört das Wort schriftlich gestrichen, dann gelten implizit die gleichen Ladungsbedingungen wie zum ordentlichen LPT. Statt der 'kann'-Formulierung wäre meines Erachtens ein 'soll' besser angebracht, da nur in Ausnahmefällen (Beispiel: Es wurde schon zum ordentlichen LPT geladen, dieser findet in 3 Wochen statt, und daher können dort Wahlen abgehalten werden) kein eigener Parteitag notwendig ist.

§6a Abs 5: Der Landesparteitag beschließt über die Finanzordnung, die Teil dieser Satzung ist. Anm: Was passiert, wenn die BFO geändert wird? Einfache Frage, einfache Antwort: Nichts. Ausser die eigene Finanzordnung verweist auf die Bundesfinanzordnung, oder die Bundesfinanzordnung macht eine explizite Vorgabe auf die Landesebene.

§6a Abs 6: (..) Das Wahlprotokoll wird durch den Wahlleiter und mindestens zwei Wahlhelfer unterschrieben und dem Protokoll beigefügt. Anm: Ist das jetzt optional? Was ist an der Aussage optional? 'Wird' stellt fest dass tatsächlich gemacht wird. Das ist verpflichtend.

§6b Abs 1: Dem Landesvorstand gehören fünf bis sieben Piraten des Landesverbandes an Anm: Wieso keine feste Zahl? Die sollten doch Aufgaben haben. Sind sie so nur Visitenkartenträger? Hier ist es am Landesparteitag den Personen im Vorstand Aufgaben zuzuweisen, oder sie überhaupt nicht erst zu wählen. Andererseits kann der Landesparteitag nun je nach Bedarf (oder: je nach Angebot) 5, 6, 7 Piraten in den Vorstand wählen ohne die Satzung jedesmal ändern zu müssen.

§6b Abs 2: (..) [Der Landesvorstand] führt die Geschäfte auf Grundlage der Beschlüsse der Parteiorgane. Anm: Also kann der LVor selbst neue politische Rahmen definieren. Ist ja ein Organ und das direkt im Namen aller Piraten. Geschäftsführung ist ein klar umrissener Begriff. In anderen Worten steht hier: Die Exekutive des Verbands ist der Vorstand. Das hat mit politischer Gestaltung erstmal wenig zu tun. (Und dass es damit nichts zu tun hat folgt auch aus systematischer Auslegung, denn sonst wäre Abs 6 ohne Bedeutung)

§6b Abs 2 gegen Abs 6: Der Landesvorstand beschließt über alle organisatorischen und politischen Fragen im Sinne der Beschlüsse des Landesparteitages. Anm: Was bedeutet das? Überall wo der LPT einen Beschluss gefasst hat, kann der LVor nicht abweichen, beim Rest schon? Tatsächlich bedeutet es das nicht. Obwohl der Wortlaut so klingt. Hier weicht die Auslegung deutlich vom Wortlaut ab. Warum? Weil die Norm ansonsten unwirksam wäre. Das was hier beschrieben wird ist ein imperatives Mandat, und das verstößt gegen §15 Abs 3 Satz 3 PartG. Da die Satzung aber parteiengesetzkonform ausgelegt werden muss (und das muss sie, ansonsten wären wir eben keine Partei) folgt dass kein imperatives Mandat gefordert sein kann. Nein, es handelt sich um eine politische Sollvorschrift: Der Vorstand soll die Vorgaben des Parteitags gefälligst berücksichtigen, und tut er das nicht so hat er sich zu verantworten. Spätestens bei der nächsten Wahl. Ein Verstoß gegen Abs 6 ist damit zwar ein Grund für ein Misstrauensvotum, nicht aber für eine Ordnungsmaßnahme oder eine Strafanzeige (oder was für komische Ideen dafür sonst noch rumgondeln)

§6b Abs 3: (..) Der Landesvorstand bleibt bis zur Wahl eines neuen Landesvorstands im Amt. Anm: Damit kann der LVor sich selber im Amt halten, bis PartG die Notbremse zieht. Nein, kann er nicht. Der Vorstand ist dennoch verpflichtet am Ende seiner Amtszeit für unverzügliche Neuwahlen zu sorgen. Relevant wird dieser Satz nur wenn die Neuwahlen aus irgendeinem Grund nicht stattfinden können: Ausfall oder Abbruch des Parteitags ohne beendete Wahlen, nicht genügend Kandidaten,... Dieser Fall ist nicht so unwahrscheinlich wie er klingt, er wäre am Anfang dieses Jahres fast im Bezirksverband Mittelfranken als Folge innerparteilichen Streits (ehrlicherweise: mit meiner Beteiligung in Sachen Nürnberg) aufgetreten. Andersherum: Fehlt eine Kontinuitätsregelung, dann greift nicht das Parteiengesetz, und es taucht auch nicht von irgendwo plötzlich eine andere Regelung auf, wie manche Leute meinen - nein, es greift §29 BGB und ein interregnums-Vorstand muss beim Amtsgericht beantragt werden. Das finde ich persönlich eine weniger schöne und weitaus aufwendigere Lösung als eine einfache, kleine Kontinuitätsregelung in der Satzung. Das Mißbrauchspotential ist dennoch gering.

§6b Abs 5: Auf Antrag eines Zehntels der Piraten des Landesverbandes kann der Landesvorstand zum Zusammentritt aufgefordert und mit aktuellen Fragestellungen befasst werden. Anm: Warum so viel und nicht sagen wir 1%? Praktisch gibt es die Möglichkeit also nicht. Praktisch hat diese Regelung auch keine Bedeutung, sondern ist quasi nur ein innerparteiliches Petitionsrecht. Die Quote kann man natürlich senken, aber relevanter wird es dadurch vermutlich auch nicht. Ein Vorstand wird, wenn er irgendwas taugt, so und so auf Anfragen antworten. Und wenn er nichts taugt dann muss er eben abgewählt werden.

§6b Abs 7: (..) [Geschäftsordnung umfasst Regelungen zu] 2. Aufgaben und Kompetenzen der Vorstandsmitglieder (..) 5. Form und Umfang des Tätigkeitsberichts (..) 7. Beschlussfähigkeit Anm: Der Vorstand sucht sich selber aus, was er tut? Der VS muss einen TB abgeben und darf sich dann aber aussuchen was drinsteht und in welcher Form das zu erfolgen hat? Der LVor beschließt, ab wann er beschlussfähig ist?
Ja, Ja und Jein. Und ihr könnt nichts dagegen tun. Warum nicht? Weil ihr das auch ohne diese Regelungen nicht könnt. Die Aufgaben und Kompetenzen umfasst die Benennung von Geschäftsbereichen, in denen beispielsweise ein Vorstandsmitglied Vertretungsbefugnis zugewiesen bekommen kann - beispielsweise der Schatzmeister die Vertretungsbefugnis zur Kontenführung. Er spricht dann für den ganzen Vorstand und braucht im Einzelfall keinen Beschluss mehr für eine Umbuchung. Das passiert also faktisch so und so, und macht keinen Unterschied ob man es erlaubt oder untersagt. Schreibt man jedoch eine Regelung vor, dann fällt das für mich unter Transparenz. Umgekehrt hat der einfache Pirat und auch der LPT keinen Einfluss darauf ob der Schatzmeister überhaupt Lust hat die Konten zu führen. Hat er das nämlich nicht so kann der Vorstand in diesem Fall tatsächlich die Aufgaben einfach jemand anderes übertragen. Ohne so eine Regelung könnte nur der Restvorstand z.B. mit einem Rücktritt Neuwahlen erzwingen. Es gibt also ohnehin keine Garantie dass jemand den Tätigkeitsbereich ausfüllt, für den er sich zur Wahl aufstellt.
Der Tätigkeitsbericht ist tatsächlich einzig und allein Aufgabe des Vorstands, und wenn der Gesamtvorstand dem Parteitag nur den Bericht "Wir saßen rum." abliefert, dann kann der Parteitag auch nicht viel machen, zumindest wird er keinen besseren Bericht bekommen. Wenn der Bericht zu schlecht ist wird der Vorstand halt nicht entlastet. Insofern ist es im Interesse des Vorstands und des Verbands dass der Vorstand sich etwas detailliertere Regeln setzt, was er denn denkt was da drin stehen soll.
Die Beschlussfähigkeit ist dann etwas eine Grauzone, der Vorstand kann z.B. nicht festlegen dass alle Beschlüsse von 2 von 7 Mitgliedern getroffen werden können (verstößt gegen §15 Abs 1 PartG), und auch die Grenzen der gesetzlichen Handlungsfähigkeit (über die ich schon schrieb) können nicht übergangen werden. Aber es kann ein Konsens getroffen werden, z.B. ein Veto-Recht des Schatzmeisters so eingeführt werden, oder festgelegt werden dass bei geladenen Vorstandssitzungen immer mindestens 4 Personen anwesend sein müssen. Sollte es über beispielsweise die Veto-Regelung mal zum (gerichtlichen) Streit kommen, könnte die rechtliche Beurteilung dieser Regelung durchaus sehr kompliziert werden. Aber ja, es ist trotzdem auch im Interesse des Vorstands und des Verbands so eine Regelung zu treffen, und das auch dem Vorstand zu überlassen. In meinen Augen kann soetwas auch zum innervorständlichen Frieden beitragen.

§6b Abs 9: Der Landesvorstand liefert zum Parteitag einen schriftlichen Tätigkeitsbericht ab. Dieser umfasst alle Tätigkeitsgebiete der Vorstandsmitglieder, wobei diese in Eigenverantwortung des Einzelnen erstellt werden. Anm: Steht in 6b(7 – 5) anders. Das Minimum ist, „Ich habe Mitgliederverwaltung gemacht“? Richtig, die Form des Gesamtberichts in der Geschäftsordnung festzulegen ergibt wohl wenig Sinn, die Form der Einzelberichte ist jedoch nicht festgelegt. Folschisch muss wohl ebendiese gemeint sein. Der Umfang des Gesamtberichts sagt nur aus dass alle Tätigkeitsberichte genannt werden müssen. Der Vorstand kann in seiner Geschäftsordnung dann beispielsweise eine Untergrenze von 1.000 Wörtern festlegen. Bei der Entlastung am Parteitag kann dann von den bisherigen Vorstandsmitgliedern klar kommuniziert werden, wer welche TB-Vorgaben nicht erfüllt hat. Also nicht so widersprüchlich wie es aussieht.

§6b Abs 9 (forts.): Wird der Vorstand insgesamt oder ein Vorstandsmitglied nicht entlastet, so kann der Landesparteitag oder der neue Vorstand gegen ihn Ansprüche geltend machen. Anm: In Bezug auf was? In Summe eher wirkungslos, solange kein monetär messbarer Schaden entsteht. Völlig richtig. Das steht in der Satzung damit die Frage was eine Nichtentlastung bedeutet geklärt ist. Bei manchen Hochschulgruppen ist es so (und in RLP glauben manche, dass es bei ihnen auch so wäre) dass nichtentlastete Vorstandsmitglieder nicht zur Wahl antreten können. In anderen Worten: Das ist die Erinnerung an den Parteitag, an die Basis, was denn Entlastung bedeutet. Ansprüche setzen natürlich immer eine Anspruchsgrundlage voraus, bei Schadensersatz also einen Schaden. Das ist mit und ohne Satzungsregelung so.

§6b Abs 10: Tritt ein Vorstandsmitglied zurück (..) vs Abs 11: Treten mehr als zwei (..) Anm: Was passiert wenn wir nur 5 Vorstände gewählt haben, aber nun 2 zurücktreten? Dann haben wir keinen satzungs-konformen Vorstand mehr. Weitaus weniger spannend. Absatz 11 ist lex specialis zu Abs 10. Wenn zwei zurücktreten, dann sind das weniger als 'mehr als zwei', also gilt die Regelung in §6b Abs 10, jeweils für beide. Genauso, wie man nach §211 Abs 2 StGB selbst dann Mörder ist, wenn man zwei Menschen tötet. Obwohl im Gesetz nur der Fall mit 'einem Menschen' geregelt ist.

§6b Abs 10: Tritt ein Vorstandsmitglied zurück oder kann dieses seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen, so geht seine Kompetenz wenn möglich auf ein anderes Vorstandsmitglied über. Anm: Dem Schatzi würde ich schon eine besondere Rolle einräumen wollen! Dessen Aufgabe sollte nicht einfach jemand anders übernehmen. Würde ich auch gerne wollen. Hier etwas zum nachdenken: Wenn der Schatzmeister das Konto leerräumt und ans Limit überzieht, und sich dann absetzt - haftet gegenüber dem Verband erstmal der Gesamtvorstand. Es ist daher wünschenswert dass der Restvorstand - auch aus Eigeninteresse - dem Schatzmeister zumindest ab und an mal über die Schulter schaut. Wenn sich das in einer Angabe von Kontoständen ausdrückt ist das schonmal was. Aber exklusiv Geld = Schatzmeister stimmt schlicht und ergreifend nicht. Andersherum: Wenn der Schatzmeister zurücktritt dann sollen lieber nach der aktuellen Regelung 6 Wochen lang keine Rechnungen bezahlt werden? Hmm...

§6b Abs 10 forts.: Ist der Posten des Vorsitzenden, Generalsekretärs oder des Schatzmeisters unbesetzt, ist unverzüglich eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, um freie Posten neu zu besetzen. Anm: Da die Aufgaben nicht zugeordnet sind, ist zumindest nicht gewährleistet, dass die Aufgaben den betreffenden Titeln auch zugeordnet sind. Das ist korrekt. Meine Lösung für dieses Problem sieht übrigens so aus dass ich den gesamten Satz streichen würde. Die Begründung dafür liegt darin dass den genannten Vorstandsmitgliedern so ein Super-Veto-Recht zugesprochen wird. (cf. mein früherer Blogpost - wobei ich die Ergänzungswahlregelung gern behalten würde)

§6b Abs 11: (..) [bei Handlungsunfähigkeit] führt der Bundesvorstand kommissarisch die Geschäfte bis ein von ihm einberufener außerordentlicher Parteitag unverzüglich stattgefunden und einen neuen Landesvorstand gewählt hat. Anm: Keine Vorgabe für den BuVor, bis wann der neue LVor gewählt werden muss. Das Wörtchen 'unverzüglich' ist unter Juristen vorzüglich genau definiert, und entfaltet hier auch dann seine Wirkung wenn es an einer, auf den ersten Blick merkwürdigen, Stelle steht. Kürzt man den Satz zusammen, so wird klar dass der Parteitag unverzüglich stattzufinden hat. Unverzüglich ist langsamer als sofort, aber schneller als später - es lässt Zeit zur Ort- und Terminwahl, aber keine Zeit zum rumdümpeln.

§6b Abs 12: (..) Die Amtszeit des [durch Misstrauensvotum] abgewählten Vorstands endet mit der abgeschlossenen Neuwahl des neuen Vorstands. Anm: Wie jetzt? Die MV trauen ihrem LVor nicht, aber der bleibt im Amt? Nee, das muss dann der BVor übernehmen. Wenn ein Misstrauensvotum gestellt wird, aber scheitert, inbesondere weil - aus welchen Gründen auch immer - kein neuer Vorstand gewählt werden kann, hat der eigene Vorstand immer noch eine wesentlich stärkere Legitimität als ein fremder Vorstand. Stichwort Vereinsautonomie. Klar könnt ihr auch die Geschäftsführung dann auch gerne an die Bundesregierung, die Queen oder eben an den Bundesvorstand übergeben. Aber überlegt mal wieviel Zeit und Interesse die genannten Institutionen für die dann nötige Fortführung der Amtsgeschäfte haben. Nein, wenn ein Misstrauensvotum scheitert, dann sollte das keine Konsequenzen haben.

§6c a.k.a. Anm: Und das Landesschiedsgericht? Siehe Abschnitt C. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen, steht alles drin.

§8 Abs 1: (..) so kann die Satzung auch geändert werden, wenn mindestens 2/3 der dem Landesverband angehörenden Piraten sich mit dem Antrag auf Änderung schriftlich oder in einem vom Landesparteitag legitimierten Liquid Democracy Tool einverstanden erklären. Anm: Wahlcomputer sind blöd, aber für uns nicht? Nur wenn der Landesparteitag dies auch so sieht, und ein entsprechendes Tool legitimiert. Wenn das nicht passiert, dann entsteht dadurch auch niemandem ein Schaden. Und am nächsten LPT könnt ihr den Passus ja wieder rauswerfen. Wobei die Frage, wie man denn diese Regelung im Falle des Falles praktisch umsetzen könnte, hiermit wenigstens beantwortet wäre. Oh - und mit Wahlcomputern hat das nichts zu tun, denn die Abstimmung/Einverständniserklärung kann sowieso offen erfolgen.




Oh - und das wars auch schon. Ach nee, eine Reaktion noch auf die Mail der PG-Satzung:

PS: Um dem Vorwurf der Rebootersteller direkt entgegen zu treten, wir würden das extra nach dem Einreichungsfristende machen möchten wir auf folgendes hinweisen:
1. Wir haben erst 2 Wochen vor Einreichungsfristende von der Rebootsatzung gehört.
2. Wir waren bis zu dem Einreichungsfristende mit unseren Satzungsänderungen beschäftigt.


Da stelle ich mir aber jetzt echt die Frage, wie man, wenn man so konzentriert an einem Thema arbeitet, nicht die Mailinglisten zu genau diesem Thema absucht, und dort diesen Satzungsvorschlag komplett übersehen konnte. Mich verfolgt diese NRW-Geschichte schon seit Ewigkeiten - mein erster Blogpost dazu war vor 3 Monaten - und ich bin nichtmal aus NRW. Andererseits entspricht meine Sicht auf bestimmte Dinge, insbesondere Satzungsfragen, wohl auch nicht dem Durchschnittspiraten :)

Anyway, hoffe damit eure Fragen erstmal einigermaßen beantwortet zu haben, und euren Bedenken einigermaßen entgegengetreten zu sein.

2 Kommentare:

  1. Andererseits wollte ich den Punkten eben auch im Detail antworten. Kein 'Nein, stimmt nicht' sondern ein 'Nein, weil...' zurückwerfen. Umgehen mit Informationsflut ist auch eine Kompetenz, aber wer fundiert kritisieren will und mit Themen umgehen können will muss auch Informationen verarbeiten können :)

    Edit: Mit Farbe sieht das gleich weniger wallig aus [posted by: Anthem]

    AntwortenLöschen