Mittwoch, 25. April 2012

Warum Christopher Lauer nicht als Privatperson sprechen kann

In der Diskussion um Christopher Lauers unsägliche Wahlempfehlung für den nächsten Bundesvorstand, fällt mir immer wieder ein in verschiedenen Abwandlungen angebrachtes Argument auf, um Christopher zu verteidigen. Es geht ungefähr so: „Ich bin zwar nicht Deiner Meinung, aber es gibt das Recht auf freie Meinungsäußerung, deswegen darfst Du Deine Meinung sagen, das ist Meinungsfreiheit.“ Das Problem bei dieser Argumentation ist, dass aneinander vorbei geredet wird.

Ich glaube niemand möchte Christopher verbieten öffentlich seine Meinung kund zu tun. Es wird ja nicht an Christopher kritisiert, dass er seine Meinung äußert, sondern dass er bei seiner Meinungsäußerung als Mitglied der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus Berlin wahrgenommen wird. Es kommt hier also auf den Kontext an, in dem der Sender der Botschaft, Christopher, von den Empfängern wahrgenommen wird.

Das streift die Frage des Öffentlichen und Privaten und inwieweit es diese Abtrennung noch gibt, wenn man eine Person des öffentlichen Lebens ist. Meiner Meinung nach ist Christopher dies durchaus. Er ist in einer der beiden Landtagsfraktionen einer Partei mit über 27.000 Mitgliedern, er ist im Landtagswahlkampf öffentlich aufgetreten und hatte keine Probleme damit, sich vor der Kamera zu zeigen. Er selbst bezeichnet sich als „gläserner Abgeordneter“. Man kann von einem erwachsenen Menschen verlangen, dass er sich vor der Wahl in ein solches Mandat reiflich Gedanken darüber macht, welche Konsequenzen es für sein Privatleben haben kann. Auf dem Parteitag gerierte er sich als Medienprofi, der nicht den Eindruck machte, er wüsste nicht, was Öffentlichkeit und vor allem mediale Öffentlichkeit bedeutet.

Wenn Christopher also in der WELT, die öffentlich ist, seine Meinung vertritt, dann tut er das auch als Mandatsträger der Piratenpartei. Die Piratenpartei hat ihn auf die Landesliste gewählt, ihm somit ihr Vertrauen geschenkt. Sie haben ihn in die erste Reihe geschickt und damit beauftragt, die Piratenpartei nach außen hin zu vertreten. Daher wird jede öffentlich getätigte Aussage Christophers, auch wenn sie in der WELT als Privatmeinung deklariert ist, mit seinem Mandat und der Piratenpartei assoziiert.

Hinzu kommt, dass er seine Meinung auf im Politikteil veröffentlicht. Er, als Mitglied der größten Fraktion einer Partei äußert sich in einer politischen Zeitung politisch. Es geht nicht um die neusten Apps fürs Smartphone, es geht nicht um Kuchenrezepte, es geht auch nicht um Strickmuster, es geht um Politik. Meines Erachtens gibt es spätestens hier keine Trennung mehr zwischen dem Privatmann Christopher Lauer und dem Fraktionsmitglied Christopher Lauer. Weiterhin hat er sich in Zeitungen durchaus zu Vorgängen in der Fraktion, wie zum Beispiel zur Verrohung der Sitten, oder der Arbeit der Fraktion, geäußert. Wenn man bösen Willen unterstellen wollte könnte man jetzt behaupten, Christopher sucht sich je nach Großwetterlage aus, ob seine Äußerungen in den Medien als Privatmeinung oder Fraktionsmitglied wahrgenommen werden sollen. Das man dies als Sender gar nicht bestimmen kann, mal ganz außer Acht gelassen.

Ums nochmal ganz deutlich zu sagen: Es kommt immer auf den Kontext an in dem eine Person etwas von sich gibt und wie sie als Sender gelabelt ist. Einfaches Beispiel: Neulich habe ich „Mehr nukleare Erstschläge!“ getwittert. Da ich weder die Fähigkeit noch die Möglichkeit noch den Willen besitze, einen nuklearen Erstschlag auszuführen, entsteht durch diesen Tweet beim geneigten Leser Schmunzeln oder Ablehnung, weil er meine Art Humor teilt oder nicht teilt. Würde der Präsident oder ein hoher Militär einer Nuklearmacht „Mehr nukleare Erstschläge!“ twittern, erscheint dies direkt in einem anderen Licht.

Darüber hinaus fallen in der Öffentlichkeit Christophers Meinungsäußerungen und deren Interpretationen auf die gesamte Fraktion zurück. Denn ob Privatperson oder Fraktionsmitglied: Wir Piraten müssen uns die Frage stellen und gefallen lassen, warum wir jemanden mit so wenig politischem Gespür, sowenig Feingefühl und so kruden Ideen über den Parteivorsitz nach nur zwei Jahren Mitgliedschaft in ein so hohes Mandat gewählt haben. Wenn wir etwas daraus lernen sollten, dann hoffentlich doch das, dass wir Mandatsträger in Zukunft doch etwas gründlicher abklopfen, bevor wir den Georg im Sack kaufen.


Dieser Beitrag erschien - ohne gewisse Anpassungen - am 02.12.2009 unter dem Titel Warum Aaron Koenig nicht als Privatperson sprechen kann. Autor: Christopher Lauer

Freitag, 20. April 2012

Aber wenigstens eine Symbolentscheidung!

tl;dr: Eine kommentierte Nachlese der Kommentare zum BSG-Urteil. Nicht zu verwechseln mit einer Rechtfertigung, denn die braucht es nicht.


Die Piraten können den wegen seiner Äußerungen zum Holocaust umstrittenen BT nicht aus der Partei werfen. Das Bundesschiedsgericht der Partei bestätigte ein entsprechendes Urteil des Landes-Schiedsgerichts Rheinland-Pfalz aus formalen Gründen. Damit endet das seit Sommer 2009 laufende Parteiausschlussverfahren mit einem Erfolg für BT.
Spiegel Online, 17.04.2012
Nach 122 Tagen und zwei Verhandlungsterminen ist das Verfahren also beendet. Einige haben das Urteil gelesen. Andere wenigstens die Kurzzusammenfassung. Viele haben sich entschlossen einfach so drauflos zu kommentieren. Unter den ersten Reaktionen war von Enttäuschung, Zustimmung bis hin zum Ruf nach Ausschluss des Schiedsgerichts irgendwie alles zu finden.

— Tweet von @_Belze_ anschließend (nach Lektüre des Urteils?) gelöscht

Dass ein Schiedsgerichtsurteil nicht alle glücklich machen würde, war abzusehen. Es ist aber auch nicht die Aufgabe eines Schiedsgerichtes das Glück zu maximieren.
Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten der Partei mit einzelnen Mitgliedern sind Schiedsgerichte zu bilden. Die Mitglieder der Schiedsgerichte sind unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.
§14 Parteiengesetz



Der vielzitierte Formfehler war beim genaueren Hinsehen gar keiner. Weder im Urteil, noch in der Zusammenfassung wird irgendwo ein Formfehler erwähnt. Der 'Formfehler' stammt aus der Pressemitteilung der Partei, und kam vermutlich so zustande, dass Sebastian Nerz den Urteilsinhalt - genauer: die Quintessenz - nur aus 2. oder 3. Hand kannte. Der Bundesvorstand hatte seine Ausfertigung des Urteils zwar etwas früher (so etwa 45 Minuten) erhalten, als die öffentliche Fassung letztendlich im Wiki war. Absehbarerweise hat diese Zeit aber nicht gereicht, dass der Bundesvorstand sich zusammenruft, den Urteilstext komplett durchliest, versteht, bewertet und in Ruhe eine Stellungnahme verfasst.

Sebastian hat später in den rechts gezeigten Tweets auch klargestellt was er damit meinte. Die Presse hat aber natürlich den 'Formfehler'-Teil aufgegriffen anstatt das Urteil selbst zu bewerten. Und so wird es halt als 'Formfehler'-Urteil in die Parteigeschichte eingehen.

Der Begriff 'Formfehler' ist also auch eine Folge der schnellen Veröffentlichung des Schiedsgerichts. Schattenseiten der Transparenz. Eventuell empfiehlt es sich für das nächste Schiedsgericht bei zukünftigen Verfahren als Kompromiss die Veröffentlichung um einen angemessenen Zeitraum (Stunden?) zu verzögern, um den Beteiligten Zeit für informiertere Stellungnahmen zu geben.



Was hat das Doppelbestrafungsverbot ne bis in idem im Parteiverfahren zu suchen, wenn es nach Art 103 III GG doch nur im Strafrecht anwendbar ist?
Einer dieser Verfahrensgrundsätze, die rechtsstaatliche Verfahren von polizeistaatlicher Willkür unterscheiden, heißt unter Adligen “ne bis in idem”
— Markus Kompa, Auch Piraten haben kein Scherbengericht – ein Scheißfall
Allerdings ist es auch für andere Verfahren mit Bestrafungscharakter ein allgemein anerkannter Grundsatz, dass eine wiederholte Sanktionierung wegen desselben Tatbestandes unzulässig ist, dem auch im Vereinsstrafrecht Rechnung zu tragen ist (vgl. schon RGZ 51, 89 ff.; OLG Hamm, AnwBl. 1973, 110; RGRK/Steffen, 12. Aufl. 1982, zu § 25 BGB Rn. 16; Meyer-Cording, Die Vereinsstrafe, 1957, S. 83; Heimann, Die Schiedsgerichtsbarkeit der politischen Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, S. 266; Schlosser, Vereins- und Verbandsgerichtsbarkeit, S. 214 f.; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., Rdnr. 2850 und 5800 a; Soergel/Hadding, 13. Aufl. 2000, zu § 25 BGB, Rn. 48; Löwisch, in “25 Jahre Bundesparteigericht der CDU 1960 - 1985”, S. 29 f.).
— Kammergericht Berlin, AZ 1 BvR 984/02. Zum Einwand von M. Hohmann, dass sein Parteiausschlussverfahren bei der CDU gegen das Doppelbestrafungsverbot verstößt. Im Fall Hohmann war der Einwand für das Verfahren aber nicht relevant, da das KG feststellte dass es keine vorhergehende Ordnungsmaßnahme gab. Das Gericht brauchte daher nicht feststellen, ob für Parteiordnungsmaßnahmen das Doppelbestrafungsverbot gilt, da es für die Entscheidung keinen Unterschied machte.
Die Bezeichnung als Vereinsstrafe kommt nicht ganz von ungefähr. Wer nach Vereinsstrafe sucht, findet zwar in erster Linie Sportvereine. Aber auch die Partei ist nur ein spezieller Verein.
Für Verstöße gegen die Mitgliederpflichten kann die Satzung Sanktionen vorsehen: als schwerste Vereinsstrafe den Ausschluß aus dem Verein und daneben Disziplinarmaßnahmen verschiedener Art, die als Vereinsstrafen bezeichnet werden.
— Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 19. Auflage, Rn 350
Das heißt nun nicht, dass die Partei plötzlich eine Strafgerichtsbarkeit hat, aber es heißt dass sie elementare Prozessgrundsätze zu beachten hat. Dazu zählt z.B. auch explizit der §1 StGB. (Sauter, Rn. 369)
„Grundsätzlich muss auch bei Ordnungsmaßnahmen das allgemeine Verbot der Doppelbestrafung für ein abgegrenztes Verhalten gelten. Dies greift jedoch nicht, wenn zuvor nur eine informelle „politische Reaktion“ erfolgte oder sich eine weitere Ordnungsmaßnahme auf einen neuen Tatbestand stützt („Nachrede-Verhalten“).“ — Wißmann in Kersten/Rixen (Hrsg.), Parteiengesetz (PartG) und europäisches Parteienrecht, §10 Rn 28, mwN.
— zitiert in BSG 2011-12-16, Fußnote 6
Ist ein Mitglied (..) bereits mit einer Ordnungsmaßnahme nach der Satzung belegt worden, so kommt eine erneute Ahndung mit einem Ausschluss nicht in Betracht.
BSG 2011-12-16, leider mit versäumten Verweis auf den wahren Zitatgeber: Löwisch, Der Ausschluß aus politischen Parteien



Dann gab es noch den Einwand die Verwarnung von 2008 wäre doch gar nicht zugestellt.
2008-06-05: Verwarnung durch BuVor
Der Bundesvorstand beschließt eine Verwarnung gegen BT wegen der Äußerungen auf der Hauptmailingliste am 2008-05-13.
Diese Verwarnung wird anscheinend nicht gültig zugestellt.

— Von Benutzer:Heptasean geführte Chronologie im Piratenwiki
Auf der Gegenseite wurde die Verwarnung wohl dennoch akzeptiert. Und auf Vorstandsseite:
was zu einer Verwarnung durch den Bundesvorstand geführt hat.
— Wörtliches Zitat des Bundesvorstandes im erstinstanzlichen Urteil LSG RLP 2010-04-04-1.

Der [Bundesvorstand] führt an, dass das Einnehmen einer öffentlich wirksamen Position durch den Beklagten für den Kläger Auslöser war, die ursprüngliche Sachlage neu zu bewerten und den Parteiauschluß zu beantragen. Der Kläger bewertet die Situation derart neu, dass er von der mildesten Form einer Ordnungsmaßnahme (einer Verwarnung) direkt zur schwersten Form übergeht (dem Parteiausschluss). Der Kläger nahm bereits in der ausgesprochenen Verwarnung Bezug auf einen möglichen Konflikt zum Grundsatz der freien Meinungsäußerung, die ein hohes Rechtsgut darstellt.
— Erstinstanzliches Urteil LSG RLP 2010-04-04-1
Es schien also bereits im erstinstanzlichen Verfahren über den Stand der Verwarnung Einigkeit zu bestehen. Und auch im Rahmen der Berufung landete es als unstrittiger Sachverhalt im Urteil. Ob ein eventueller Zustellungsfehler die Wirksamkeit der Verwarnung überhaupt beeinträchtigt stand also gar nicht erst zur Debatte.



Aber jetzt machen uns die politischen Gegner fertig.
Es ist nicht akzeptabel, dass jemand, der mit Holocaustleugnern und Geschichtsrevisionisten liebäugelt, gleichzeitig nicht nur Teil einer Partei, sondern auch noch Funktionsträger ist.
— SPD-RLP Pressemitteilung vom 17.04.2012
D'oh. Deswegen heißen sie 'politische Gegner'. (Wobei ich 'Mitbewerber' besser finde.) Die sehen es als ihre Berufung andere niederzumachen. (Auch wenn das spieltheoretisch Quatsch ist.) Ihr wollt nicht ernsthaft, dass Schiedsgerichte ihre Spruchpraxis an den zu erwartenden Pressemitteilungen anderer Parteien ausrichtet, oder? Zumal die SPD selbstverständlich wie üblich tadellos recherchiert hat, und BT zum Funktionsträger beförderte. Was Volker Beck von den Grünen ablässt ist inhaltlich etwa auf demselben Level.

Natürlich wissen die, wie ein Parteiausschlussverfahren funktioniert. Und wie es aussieht wenn es nicht funktioniert. Die SPD ist weder Sarrazin, auch nicht beim 2. Versuch, noch Wolfgang Clement losgeworden. Der SPD sind sicherlich auch noch die Namen Silke Tesch, Carmen Everts, Jürgen Walter und Dagmar Metzger ein Begriff. Die Grünen wurden bisher Doris Janicki und Dieter Kantel nicht los, und auch das Parteiausschlussverfahren wegen Friedrich Foerster wegen ungepflegtem Auftritts (?!) ist überraschend gescheitert. Volker Beck ist daher auch super realitätsnah, wenn er von anderen Parteien schonmal ein komplett abgeschlossenes Parteiausschlussverfahren binnen eines Monats fordert. Da sei es dann schonmal entschuldigt wenn seine Kollegen in RLP nicht bis drei zählen können.

Auf uninformiertes Gegacker von anderen Parteien kann man sich so oder so verlassen. Erst recht im Wahlkampf, wenn sie neben 'kein Programm!' nichts in der Hand haben.



Was ist mit den anderen Äusserungen?
Herr T. hat eine schwere Verfehlung begangen und dafür (egal ob zu Recht oder Unrecht) zunächst „nur“ eine Verwarnung erhalten. Er befand sich somit also in einer Bewährungszeit, weil eine Verwarnung sonst ihren Sinn verfehlen würde.
— @DirkSchatz auf wolfgang-dudda.de
Das ist so nicht richtig. Eine Verwarnung hat keine Bewährungszeit. Der Vergleich passt gar nicht. Nicht dass ich so eine Ordnungsmaßnahme schlecht finden würde. Es gibt aber weder einen klar definierten Zeitraum, noch eine klare Auflage, noch eine Grundlage für Bewährungsstrafen in der Satzung. Und Grundlagen in der Satzung sind für Ordnungsmaßnahmen essentiell (vgl. BSG 2012-03-15-2). Aber: Deswegen können und sollen selbstverständlich frühere Ordnungsmaßnahmen trotzdem beispielsweise beim Parteiausschlussverfahren berücksichtigt werden. Nur einen Automatismus gibt es nicht. Spätere Ordnungsmaßnahmen sind weiterhin Einzelentscheidungen mit eigenem Ermessensspielraum.
Was jedoch die weiteren, durch Herrn T. getätigten Äußerungen betrifft, geht meine Meinung mit der des Gerichtes weit auseinander. Diese Handlungen hätten ausreichen müssen, um eine weitere Ordnungsmaßnahme und damit einen Ausschluss aus der Partei zu rechtfertigen. Ich bedauere es sehr, dass unser Bundesschiedsgericht in dieser Sache nicht in der Lage war, klare Kante zu zeigen.
— @DirkSchatz auf wolfgang-dudda.de
Mir ist hier wichtig noch festzuhalten, dass explizit nur noch die Mails vom 15.12.2010 Teil des Verfahrens waren. Alles andere, alles danach, war nicht Teil eines Ordnungsmaßnahmenverfahrens.



Das Beste zum Schluss:
Aber wenigstens eine Symbolentscheidung wäre doch drin gewesen!
Denn: hätte das Gericht zum Nachteil des Herrn T. entschieden, bestünde die Möglichkeit, dass der Fall vor einem „höherrangigen“ zivilen Gericht verhandelt worden wäre. Ein schnelles Ende der Angelegenheit scheinen Viele lieber hinzunehmen, als einen Sieg, der angefochten werden kann und zu weiterer Diskussion und weiterer negativen medialen Aufmerksamkeit führt.

Verkannt wird dabei allerdings, dass ein Urteil zum Nachteil des Herrn T. mehr Vorteile gebracht hätte. Zum einen hätte die Partei ihr Gesicht in der Öffentlichkeit bewahrt und zum anderen den inneren Frieden unter den Mitgliedern wieder hergestellt. Der Bevölkerung wäre gezeigt worden, dass wir alles denkbar Mögliche getan haben, um unsere inneren Grundsätze und Werte zu verteidigen, ohne dabei gleichzeitig unsere hohen rechtsstaatlichen Standards herab zu setzen. Zudem wäre ein eventuelles Urteil eines Zivilgerichts die Entscheidung eines außenstehenden Dritten gewesen, also eine Entscheidung, die außerhalb unseres Verantwortungsbereichs liegt. Wäre dann dort zugunsten des Herrn T. entschieden worden, würden wir im schlimmsten Fall wieder beim Status Quo liegen, dies jedoch mit den eben beschriebenen Vorteilen. Wir hätten aber unmissverständlich deutlich gemacht, dass wir derartiges Gedankengut in keiner Weise bei uns dulden.

— @DirkSchatz auf wolfgang-dudda.de
Nur eine Beispielforderung. Tatsächlich habe ich das mehrfach gehört. Das BSG hat es sich leicht gemacht, es hätte mehr Eier oder mehr Mut zeigen sollen. Und da rollen sich mir ehrlich gesagt die Nackenhaare auf.
Ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
— Der auf Parteischiedsrichter nicht(!) anwendbare §339 StGB
Was den Hauptteil des Urteils angeht, der sich auf das Verbot der Doppelbestrafung stützt, ist das für mich ein absolutes No-Go. Ein Schiedsgericht ist nicht gewählt um Symbolpolitik zu betreiben oder um auf dem Rücken von Verfahrensbeteiligten Zeichen zu setzen. Wenn der Sachverhalt etwas hergibt, dann gibt er es her. Wenn der Sachverhalt etwas nicht hergibt, dann eben nicht. Aber ich persönlich werde kein Urteil wider besseren Wissens unterschreiben. Auch nicht zum Wohle der Partei. Auch nicht, wenn ich davon ausgehen kann, dass dann ein späteres Gericht das schon fixen wird.

Diese Haltung geht gar nicht. Das ist doch exakt das, was auch von uns z.B. an der Bundesregierung kritisiert wird: Erst bewusst verfassungswidrige Gesetze beschließen, und anschließend vom Verfassungsgericht kassieren lassen. Wild gegriffenes Beispiel: Luftsicherheitsgesetz. Der Politiker steht gut da, für seine Partei und seine Wähler "tut er was", nur das böse Verfassungsgericht mit seiner fehlerhaften Einzelmeinung lässt ihn nicht.

Ich schrieb mal, dass Schiedsrichterei auch Politik ist. Das gilt immer noch. Aber nur im Rahmen des Ermessensspielraums. Wer vom Schiedsgericht Symbolpolitik um der Symbolpolitik willen erwartet, der soll mich bitte nicht wählen. Ich will keine Entscheidungen treffen, die sich zwar angeblich für die Partei gut anfühlen sollen, aber sachlich falsch sind.