Donnerstag, 14. Juli 2011

Antwort der Universität

Ich denke das kann man nahezu unkommentiert stehen lassen. Aus dem E-Mail-Header schließe ich dass sich insgesamt 7 Studenten bei der Uni gemeldet haben.

Dear all,

Many thanks for your recent communication over Jorgo Chatzimarkis and his comments on Anne Will.

We have looked at the coverage and also sought advice from the British Council in Germany.

No German media have come to us directly for a statement and we have concluded that at the present time we do not need to issue one in Germany unless and until asked. This is because

a) It seems clear that his credibility is low

b) A proactive intervention from us may simply draw more attention to the issue

c) Most of the coverage of his Anne Will remarks has included remarks by Oxford students and alumni contradicting his claim about Oxford practices.

The Guardian in the UK has phoned about this and I made it clear that Oxford expects its students to follow standard academic practice in quoting sources.

With thanks and best wishes
Ruth Collier
Head of Press and Information Office
University of Oxford
www.ox.ac.uk/news

Einziger Kommentar: Die "der ist eh nicht glaubwürdig"-Punchline gefällt mir selbstverständlich. Und dass der Guardian sich das anschaut ebenfalls.


Nachtrag: Der Guardian berichtet nun auch. Wenn auch mit einem nervigen Druckfehler der es morgen wohl auch in die Printausgabe schaffen wird.

Der Spiegel-Effekt

Gestern hat Spiegel Online im Artikel Plagiatsfall Chatzimarkakis: Oxford als Ausrede auf mein Blog verlinkt.

Das Ergebnis des gestrigen Tages: Es schauten 4098 Besucher vorbei, davon 3344 mit Referer vom Spiegelartikel. Zum Vergleich: Hintergrundrauschen ist typischerweise so ~80. Am Tag mit dem Artikel in der Flaschenpost waren es 595 Besucher. Es gab viele Kommentare über Kommasetzung, aber niemand hat das eine thematisch verwobene Easteregg in der Kommasetzung entdeckt: Denn im Gegensatz zur Harvard- und Oxford-Zitierweise gibt es ein Harvard- bzw. Oxford-Komma. Ja, das gibt es im Deutschen üblicherweise nicht - aber ich bin trotz meiner Rechtschreibrants kein Anhänger der präskriptiven Sprachkultur :p

Der Server war ebenfalls nicht beeindruckt:

Oh, und: Doktor Chatzimarkakis ist nun wieder Herr Chatzimarkakis.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Dr Chatzimarkakis - Grüße aus Oxford



"Stadt der Kopierer" - Markus Gerstel - CC BY-NC 3.0

Ich konnte es kaum glauben als ich am Montag morgen gewohnheitsmäßig durch die News klickte. Da erzählte doch scheinbar tatsächlich am Vorabend ein Mitglied des Europäischen Parlaments was er so an der Universität Oxford gelernt hat: Nämlich dass es dort völlig normal sei die Formulierungen von anderen Leuten wortwörtlich zu übernehmen oder auch ein wenig umzuformulieren, Quelle dran, passt schon. Diese Zitatweise nennt man "intertextualisieren". Dass damit nicht mehr erkennbar ist, welcher Teil der Arbeit von wem entstanden ist, oder wessen Gedanken man eigentlich gerade als Leser so vor sich hat - das ist niederer Detailkram, mit dem sich eine Eliteuniversität wie Oxford selbstverständlich nicht beschäftigen muss. Das macht man vielleicht so in Bayreuth, aber nicht in Bonn, und schon gar nicht in Oxford.


"Kleingedrucktes" - Markus Gerstel - CC BY 3.0

Ich fand diesen Vortrag recht interessant. Mir war das nämlich alles neu. Was ein wenig verwundernswert ist, da ich insgesamt schon zwei Jahre in Oxford verbracht habe und noch ein paar weitere vor mir habe. Ich kann mich zwar vage an diverse Hinweise erinnern, insbesondere gab man uns zu Beginn zwei kleine Büchlein, insgesamt ca 1250 Seiten. Den Abschnitt über Intertextualisierung muss ich wohl übersehen haben. Mein College und mein Department wussten zwar dass Plagiate gar nicht gehen, und schicken auch regelmäßig entsprechende Rundmails, aber die 'Intertextualisierung' kannten sie nicht. Also habe ich meinen Research Supervisor gefragt. Doch auch sie hatte offensichtlich von Oxford keine Ahnung, denn mit 'Intertextualisierung' wusste auch sie nichts anzufangen. Gut, sie lehrt dort auch erst seit wenigen Jahrzehnten. Witzigerweise hatten alle von mir gefragten Leute die Richtlinien genau gegenteilig im Kopf: Sie dachten, dass man selbst mit Quellennachweis nicht fremde Texte zu eigenen Texten umschreiben darf. Sondern dass Zitate auszuweisen und kenntlich zu machen sind. Und sie dachten die Universität habe das auch in ihren Richtlinien stehen. (Oder hier weitergehend, oder dort ausführlich,...)

Herr Doktor Chatzimarkakis weiß es besser. Er war seinem Lebenslauf zufolge tatsächlich in Oxford. Es bleibt sein Geheimnis, warum er nun zu der Notlüge greift er habe seine Nachlässigkeit in Oxford gelernt, und deshalb seien anschließend seine Noten abgestürzt. Kein Geheimnis hingegen ist: Wer meint Dreck auf den Namen meiner Uni werfen zu müssen, muss potentiell mit einem Echo rechnen. Das können sich die nächsten VroniPlag-Persönlichkeiten gleich aufnotieren: An jeder größeren Uni in jedem Land sind deutsche Studenten unterwegs, die es nicht lustig finden wenn man deren Uni schlechtredet. Auch wenn's 'nur regional' in einer Talkshow im deutschen Fernsehen ist.

Noch weniger lustig ist es wenn derjenige der solche Sachen behauptet im EU-Parlamentsausschuss für Industrie, Forschung und Energie sitzt. Zwar nur als Stellvertreter, aber im Ausschuss ist ja - dank Frau Koch-Mehrin - gerade ein Platz freigeworden. Daher hielt ich es für notwendig die Uni zu informieren. Bevor ich meinen Brief einwurffertig hatte, fand ich einen von Jan Rosenow verfassten offenen Brief an Dr Rösler. (bitte mitzeichnen!) Unsere Briefe sind unabhängig voneinander entstanden. Ich habe mich gestern mit Jan getroffen. Und herausgefunden dass wir uns schon kennen (jetzt auch mit Namen), und am selben College sind. Die Chancen stehen also gut dass noch weitere deutsche Studenten hier sauer auf die neuerlichen Ergüsse des Dr Chatzimarkakis sind.

Und nun viel Spaß.

Letter to the University of Oxford and
St Antony's College regarding Dr Chatzimarkakis





Weitere Infos und Hintergründe auf De Plagio, Copy, Shake, and Paste, VroniPlag und selbstverständlich, als Standardwerk auf diesem Gebiet, GuttenPlag.

Nachtrag: Mittlerweile ist Dr Chatzimarkakis nicht mehr Mitglied im EU-Parlamentsausschuss für Industrie, Forschung und Energie.